Freitag, 2. Oktober 2015

Die Gefahren der Vernachlässigung des Gottesdienstes

Von Shane Lems, Pastor der Covenant Presbyterian Church (OPC) in Hammond, Wisconsin.


"Müssen wir heute zur Kirche gehen?" Diese Worte bekamen meine Eltern öfter von mir zu hören, als ich ein Junge war. Als Elfjähriger kannte ich Zeiten, in denen ich lieber zu Hause geblieben wäre, um mit meinen Legosteinen zu spielen, als zum Gottesdienst zu gehen.
Ich wusste, dass zur Kirche zu gehen eine gute Sache ist, aber es schien mir, dass ein- oder zweimal im Monat vollkommen genügen würde. Dies war meine Logik als Kind in einem christlichen Zuhause.
Ein Problem im christlichen Leben ist, dass manche Erwachsenen dieselbe Logik haben: Zur Kirche gehen ist gut, aber ein- oder zweimal ist gut genug. Es ist eine Sache für ein Kind, so zu denken. Etwas ganz anderes ist es aber, wenn Erwachsene so eingestellt sind. Ich weiss, es gibt legitime Gründe, dass manche nicht regelmässig den Gottesdienst besuchen können (Krankheit, Notfälle, usw.), aber es gibt sehr wohl auch illegitime (Sport, Fernsehen, Video-Games, usw.). Ich möchte anhand einiger Bibel-Passagen und biblischer Prinzipien folgende Frage beantworten: "Was ist falsch daran, gewohnheitsmässig den Gottesdienst der Gemeinde zu vernachlässigen?"

1.     Es ist gegen Gottes Willen
In Heb 10:25 ermahnt die Schrift ausdrücklich bestimmte Christen, die "die Versammlungen vernachlässigen, wie es bei einigen Gewohnheit geworden ist..." Ohne dass wir darüber debattieren, welche Anzahl von Gottesdiensten diese Leute verpassten, können wir mit Bestimmtheit sagen, dass sich die frühe Kirche regelmässig traf, um Gottesdienst zu feiern (siehe Apg 2:42). Aber später, als der Hebräerbrief geschrieben wurde, begannen einige, das sehr unregelmässig zu tun, und sie wurden ausdrücklich darauf angesprochen (vgl. grosser Westminster Katechismus 119). Es gefällt Gott nicht, wenn sein Volk gewohnheitsmässig den öffentlichen Gottesdienst vernachlässigt. Es bringt ihm keine Ehre, weil es gegen seinen ausdrücklichen Willen ist.

2.     Es ist schädlich für den Glauben des Christen
Gott hat versprochen, dass er sein Volk durch sein Wort kraftvoll segnen will. Der Glaube an Christus kommt durch das Hören seines Wortes (Röm 10:17), und dieser Glaube wird durch dasselbe Wort gestärkt. Das Wort von Gottes Gnade ist wirksam, dich im Glauben zu erbauen (Apg 20:32, s. auch Ps 119). Wir nennen die Predigt ein Mittel der Gnade, weil sie einer der hauptsächlichen Wege ist, auf dem Gott sein Volk mit seiner Gnade überschüttet (dasselbe kann von den Sakramenten gesagt werden). Und Schauer von Gnade zu vernachlässigen, lässt die Saat des Glaubens verwelken, anstatt dass sie in unseren Herzen wachsen kann. So bedenke: Gewohnheitsmässiges Vernachlässigen des Gottesdienstes ist damit zu vergleichen, dass wir in einem dürren Klima einen Garten vernachlässigen, anstatt ihn zu tränken und zu düngen. Die Pflanzen werden nicht wachsen. In gleicher Weise wird auch unser Glaube nicht wachsen, wenn er nicht regelmässig durch Wort und Sakramente genährt wird.

3.     Es behindert die christliche Gemeinschaft
Hebräer 10:24-25 spricht nicht nur von der Teilnahme an Gottesdiensten, sondern redet im gleichen Satz auch von christlicher Gemeinschaft. Gleichzeitig mit der Ermahnung, die Versammlungen nicht zu vernachlässigen, fordert der Schreiber seine Leser auch dazu auf, einander "zur Liebe und zu guten Werken anzureizen", und einander im Glauben zu ermutigen, während wir auf die Wiederkunft des Herrn warten. Gottesdienstliche Versammlung, Ermutigung, Liebe und gute Werke gehen Hand in Hand. Diese töten unsere selbst-zentrierte, individualistische Haltung und helfen uns, auf eine mehr bundesgemässe, gemeinschaftliche Weise zu denken und zu leben. Schliesslich ist das Christsein nicht ein Ein-Mann-Unternehmen, und es passt auch nicht mit dem Individualismus unserer Kultur zusammen. Jesus sagt: "Daran werden die Menschen erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt" (Joh 13:35). Ein wahrer Christ sagt nicht: "Ich liebe Jesus, aber nicht die Kirche." Wenn jemand regelmässig den Gottesdienst versäumt, dann stellt er die Wichtigkeit der Gemeinschaft mit und Liebe zu Gottes Volk in Frage (siehe auch Westminster Bekenntnis 26.2).

4.     Es vermindert den Lobpreis Gottes
Die Bibel ist voll von Beispielen davon, wie Gottes Volk öffentlich Loblieder singt und gemeinsam Gottes Namen ehrt. Zum Beispiel sagt Ps 34:4: "Erhebt den HERRN mit mir, lasst uns miteinander erhöhen seinen Namen!" (vgl. Ps 95:1-2.6, Offb 19:7). Wenn wir selten zusammen mit seinem Volk Gott Loblieder singen, dann wird sein Lobpreis verringert – Lobpreis, den wir ihm gern bringen sollten, gemeinsam mit seinem Volk: "Ich freute mich, wenn sie zu mir sagten: 'lasst uns gehen zum Haus des Herrn!'" (Ps 122:1). Gewohnheitsmässig Gottesdienste zu verpassen, bedeutet, gewohnheitsmässig den gemeinsamen Lobpreis Gottes zu vernachlässigen. Das ergibt auch ein schlechtes Beispiel gegenüber Nichtchristen, die dann denken mögen, dass man ein Christ sein kann, ohne den Gottesdienst zu besuchen. Tatsächlich ist es widersprüchlich, sich als Christ zu bezeichnen und sich aber nicht darum zu scheren, dass man gemeinsam mit anderen Christen Gott lobt.

5.     Es verwirrt andere Christen
Christen wurden oft auch Kirchgänger genannt, und das ist in der Tat eine biblische Art zu denken. Wenn ein Christ regelässig den Gottesdienst auslässt, dann mögen andere Christen anfangen, sich zu fragen, warum er nicht zur Kirche geht. Oder wenn ein Kind einer christlichen Familie bemerkt, dass eine bestimmte andere Familie selten oder nie zum Gottesdienst kommt, mag das Kind sich wundern, warum diese Familie Gott nicht anbetet. Die Bibel lehrt, dass wenn jemand wirklich ein Christ ist, dass er dann mit den anderen Christen zusammenbleibt (1Joh 2:19). Mit anderen Worten: Wenn ein Christ regelmässig den Gottesdienst ausfallen lässt, dann ergibt er ein armseliges Beispiel für andere Christen und schafft Verwirrung unter ihnen (anstatt dass er sie erbaut, wie er sollte). Vielleicht sollten Christen, die öfter Gottesdienste auslassen, darüber nachdenken, wie sie damit anderen Christen schaden. Gewohnheitsmässiges Vernachlässigen des Gottesdienstes ist schändlich für das Bekenntnis eines Christen und kann andere Christen zum Straucheln veranlassen.

6.     Es hindert wahre Frömmigkeit
In der Liturgie der Kirche lernt Gottes Volk den Rhythmus des christlichen Lebens: Lobpreis, Bekenntnis der Sünde, Vergebung der Sünde, Gebet, Hören von Gottes Wort und lernen für ihn zu leben. Diese Elemente des Gottesdienstes helfen, die Orientierung unseres christlichen Lebens in der richtigen Richtung zu halten. Liturgie ist wie christliche "Re-Kalibrierung" (Nacheichung). Regelmässiges Vernachlässigen des Gottesdienstes lässt uns mit der Zeit vergessen, was die rechte Art ist, als Jünger zu leben, bringt Verwirrung in unsere Moral, bringt unser Gewissen durcheinander, macht uns anfällig für Scham und Schuld und vernebelt die Realitäten von Gott und seiner Gnade. Wie mich ein Freund kürzlich erinnerte, wurde die Verwirrung des Psalmisten bezüglich der geistlichen Realität geklärt, als er in das Heiligtum Gottes ging (Ps 73). Vernachlässigung des Gottesdienstes verhindert wahre christliche Frömmigkeit.


7.     Es erschwert die Arbeit der Pfarrer und Ältesten
Gott hat die Pfarrer und Ältesten einer lokalen Gemeinde dazu berufen, für die Herde zu sorgen, auf sie achtzuhaben, sie zu lieben, ein gutes Beispiel für sie zu sein, für sie zu beten, usw. (Apg 20:28-31, 1Tim 3:4, 1Pet 5:1-3). Die Leiter der Kirche sind vor Gott dafür verantwortlich, wie sie die Herde leiten und für sie sorgen (Heb 13:17). Wenn jemand gewohnheitsmässig den Gottesdienstbesuch vernachlässigt, kann der Pfarrer nicht zu dieser Person predigen und die Ältesten beginnen sich über ihr Leben und ihren Glauben Sorgen zu machen. Sicher sollten Pfarrer und Älteste ihren Dienst auch ausserhalb des öffentlichen Gottesdienstes tun, aber es ist sehr schwierig für sie, ihre Arbeit als Hirten gut zu tun, wenn jemand ständig die Gottesdienste auslässt. Schliesslich sagt der Hebräerbrief, dass Christen ihren Leitern gehorchen sollen, dass sie sich ihnen unterordnen und ihren Glauben nachahmen sollen (Heb 13:7.17). Wenn ein Christ ständig den Gottesdiensten ausweicht, zu denen die Ältesten die Gemeinde rufen, gehorcht er nicht und ordnet sich ihnen nicht unter. Damit erweist er ihnen nicht die Ehre, die Gott fordert (denke hier auch an das fünfte Gebot!). Entgegen der Tatsache, dass die meisten Bewohner der westlichen Welt keine Autoritäten mögen, ist die Bibel hier unmissverständlich klar: wir haben die Pfarrer und Ältesten zu ehren, die Gott als Autoritäten über uns gesetzt hat. Den Gottesdienstbesuch zu vernachlässigen macht die Aufgabe der Ältesten und Pfarrer schwierig.

8.     Es nimmt die Mitgliedschaftsverpflichtung nicht ernst
Obwohl einige Kirchen sich heutzutage wenig um verbindliche Mitgliedschaft kümmern, haben historisch reformierte Kirchen Mitgliederverpflichtungen, die verschiedenen Stellen der Heiligen Schrift entnommen sind (z.B. 5Mo 6:13, Esra 10:5, Ps 50:14, 116:14). Wenn ein Christ sich einer der Kirchen Christi anschliesst, macht er bestimmte bundesgemässe öffentliche Versprechungen. Er verspricht gewöhnlich – unter anderem – dass er treu an den gottesdienstlichen Veranstaltungen der Kirche teilnimmt und sich dem Herrn und seiner Leitung unterordnet. Wenn jemand öffentlich ein solches Versprechen macht und dann davon zurückweicht, dann hält er ganz einfach die Versprechen nicht, die er gemacht hat. Hier kommt das neunte Gebot ins Spiel (siehe auch Westminster Bekenntnis 22.5).

9.     Es ist ein Zeichen der Apathie im Glauben
Wenn ein Mensch den Herrn eifrig liebt, sein Wort leidenschaftlich liebt, und auch andere Christen liebt, dann wird er Christus auch mit anderen zusammen anbeten wollen (Ps 122:1). Ich weiss von keinem Christen, der Christus eifrig liebt, aber nie seinen Lobpreis singt und keine Lust hat, mit anderen zusammen zu seinen Füssen zu sitzen und sein Wort zu hören. Ich weiss jedoch von Christen, die im Glauben nachlässig geworden sind und lieber ein Fussballspiel sehen oder im Sofa relaxen, als mit anderen Christen Jesus Loblieder zu singen. John Newton schrieb einen Brief an seine Gemeinde zu genau dieser Sache. Unter anderen Dingen schrieb er: "Die meisten von euch sind mit mir einig, dass die Bibel Gottes Offenbarung ist. Aber verhalten sich nicht einige von euch im Widerspruch zu euren anerkannten Prinzipien? Eure Geschäfte und Unterhaltung machen euch unpässlich für den treuen Besuch des Gottesdienstes. Ihr habt andere Dinge zu tun, so verpasst ihr viele Predigten... Viele Leute vermögen ihre volle Aufmerksamkeit für einige Stunden ihrer Unterhaltung zu widmen, ohne müde zu werden. Aber ihre Geduld ist schnell erschöpft, während in einer Predigt die Prinzipien der Schrift an ihre Gewissen angewandt werden.

10.  Es lädt die Versuchungen Satans ein
Ich sah einmal eine Dokumentation über das Verhalten von Hyänen und wie sie ihr Essen besorgen. Sie suchen und jagen gewöhnlich eine Antilope, die etwas entfernt von der Herde ist. Denn ihr Schutz besteht in der Menge. Ähnlich attackieren der Satan und seine Dämonen Christen an ihrem verletzlichen Punkt: wenn sie allein stehen, nicht verantwortlich gegenüber jemandem. Wenn sie nicht regelmässig Gottes Wort hören und nicht von der christlichen Stärke der Gemeinde profitieren. Der Satan ist kein Dummkopf – er kennt die beste Zeit zum Angriff. Es ist kein Zufall, dass Petrus sagt, dass der Satan wie ein hungriger Löwe umherschleicht und sucht, wen er verschlingen kann (1Pet 5:8). Die Kirche ist die Herde Christi, und von der Herde wegstreunen ist geistlich gefährlich. Sich von der Versammlung zu entfernen, heisst, sich Satans Attacken auszusetzen und seine Pfeile der Versuchung einzuladen.

11.  Es ist ein Schritt auf dem Weg des Abfalls
Was wir gewöhnlich bei 'vom Glauben Abgefallenen' sehen können, ist dass sie eine Zeit lang regelmässig zur Kirche gehen, dann weniger regelmässig, dann gar nicht mehr. Hebräer 10 fordert uns nicht nur auf, regelmässig zusammen mit der Gemeinde anzubeten; wir werden auch gewarnt vor der höllischen Strafe für die, die Christus verlassen und verleugnen. Wenn jemand wirklich ein Christ ist, wird er die Herde nicht verlassen. Diejenigen jedoch, die die Gemeinde verliessen "waren nicht wirklich von uns, denn wenn sie von uns gewesen wären, wären sie nicht weggegangen" (1Joh 2:19).
William Lane schrieb folgendes zu Heb 10:24-25:
Der Schreiber betrachtete das Verlassen der gemeindlichen Versammlungen als äusserst schwerwiegend. Es bedrohte das gemeinsame Leben der Gemeinde und war fast sicher ein Vorbote des Abfalls auf Seiten derer, die sich von der Versammlung entfernten. Die Vernachlässigung des Gottesdienstes und der Gemeinschaft war symptomatisch für ein katastrophales Versagen, die Wichtigkeit des priesterlichen Dienstes Christi und den Zugang zu Gott, den dieser ermöglichte, wertzuschätzen.


Ich bin mir bewusst, dass noch viel mehr zu diesem Thema gesagt werden könnte. Ich weiss auch, dass viele von uns sehr beschäftigt sind und es ihnen schwerfällt, ihre Zeit einzuteilen. Es braucht Verpflichtung, Entschluss, Pflichtbewusstsein und Selbstdisziplin, regelmässig mit Gottes Volk anzubeten. Dies ist etwas, worüber wir alle beten und Gott um Gnade bitten sollten, dass er uns die nötige Hilfe dazu gewährt. Gott sei Dank, dass wir, wenn wir zur Kirche gehen, das Evangelium von Christus hören und erfrischt und erneuert werden in unserem christlichen Glauben!

Da meine Liste oben eigentlich eine negative ist, möchte ich nun gern mit einer positiven Note enden. Indem wir die gleichen Punkte wie oben gebrauchen, können wir in positiver Weise sagen, dass regelmässiger Gottesdienstbesuch (1) Gottes Wille für dich ist, (2) deine Gemeinschaft mit anderen Heiligen stärkt, (3) dir hilft, Gott besser zu lobpreisen, (4) stärkend ist für deinen Glauben, (5) andere Christen erbaut, (6) dir hilft, Satans Attacken auf Distanz zu halten, (7) dich davor bewahrt, vom Weg abzukommen, (8) wahre Frömmigkeit entfacht, (9) die Arbeit des Pfarrers und der Ältesten erleichtert und erfreulicher macht, (10) dir hilft, deine Mitgliedschaftsversprechen zu halten, und (11) ein Zeichen eines starken Glaubens ist.

Wir sehen uns am Sonntag!

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