Das 'Sola Gratia' der Reformation richtet sich zunächst gegen das Gnaden-Verständnis der römischen Kirche. Diese kannte den Begriff der Gnade sehr wohl auch. Auch die Papisten sprachen von der Rechtfertigung aus Gnade. Das tut die römisch-katholische Kirche bis heute.
Der Unterschied liegt in der Betonung auf dem 'Sola', dem allein aus Gnade.
Die Lehre der Reformatoren von der Rechtfertigung allein aus Gnade führte zurück zum biblischen 'Monergismus' gegenüber dem 'Synergismus' der katholischen Sicht.
Monergismus (zusammengesetzt aus 'monos' - allein, einzig - und 'ergon' - Werk) heisst, dass Gott allein das Heil des Menschen bewirkt, und das vom Anfang bis zum Ende. Während Synergismus (syn = mit) meint, dass der Mensch mit Gott zusammenwirkt.
Die römische Theologie spricht dem Menschen die Möglichkeit zu, durch sein frommes Bemühen das Nötige zu der vorlaufenden Gnade Gottes hinzutun zu können. Sie folgen dabei den Lehren des Pelagius, der quasi lehrte, dass der menschliche Wille durch den Sündenfall unversehrt blieb und somit aktiv zur Erlangung des Heils beitragen kann.
Die Reformatorische Rechtfertigungslehre dagegen zeigte, dass der Mensch aufgrund seiner totalen Verdorbenheit eben keinen Rest an 'Gutem' in sich hat, das ihn befähigen könnte, an seiner Rettung oder auch an der Vollendung seines Heils mitzuwirken.
Die Bibel lehrt eindeutig, dass der natürliche Mensch ohne Gottes souverändes Eingreifen weder Einsicht in seinen verlorenen Zustand hat, noch den Wunsch nach Rettung aus demselben, noch die Kraft oder den Willen hat, irgend etwas geistlich Gutes zu vollbringen.
Er ist unter die Sünde versklavt (Joh 8,34), er ist verfinstert am Verstand (Eph 4,18), er ist geistlich tot (Eph 2,1). Er kann nichts wollen und nichts tun, das ihn in Gottes Nähe bringen würde.
Sola Gratia heisst: Es ist Gottes gnädige Initiative von Anfang an, dass ein Mensch zum Glauben an Christus kommen und in diesem Heil bis zum Ende bleiben kann. Gott erwählte die Seinen vor Erschaffung der Welt und beruft sie wirksam in einem bestimmten Moment in ihrem Leben (Eph 1,4; 1,11; Rö 8,28-30). Diejenigen, die Er so gerettet hat, die hat Er vollkommen gerettet. Das heisst, nicht nur so, dass sie wieder aus diesem Status herausfallen könnten.
Wenn das Bleiben im Heil nur zu einem kleinsten Teil am Menschen liegen würde, könnte niemand definitiv gerettet sein und bleiben. Das menschliche Vermögen, die menschliche Kraft reicht niemals dazu. Es ist allein Gottes Gnade, die jeden einzelnen an jedem Tag seines Christenlebens bewahrt (Joh 10,27-29).
Die römisch-katholische Theologie von heute und der evangelikale Arminianismus von heute sind sich darin einig, der Reformatorischen Theologie vor allem in diesem Punkt - Sola Gratia - zu widersprechen.
Leider sind die Evangelikalen hier schon längst wieder vom katholischen Synergismus eingeholt worden, ohne es so richtig zu merken. Deshalb scheint zum Einen heute auch vielerorts eine Zusammenarbeit vielen völlig unbedenklich zu sein. Im Dialog mit Römisch-Katholischen erkennen sie den Unterschied nicht zwischen der römischen und der reformierten Sicht von Gnade. Weil sie nicht verstehen, wie wichtig das Wörtlein 'Sola' ist.
Zum Anderen hat diese mangelnde Unterscheidung bei vielen konservativen Evangelikalen, die nie mit Katholiken zusammenarbeiten würden, dennoch eine der römisch-katholischen Sichtweise ähnliche Gesetzlichkeit bewirkt.
'Sola Gratia' wirklich zu verstehen, würde nicht nur eine klare Unterscheidung von dem häretischen römischen System und seiner falschen Lehre über Rechtfertigung und Heiligung bringen, sondern auch vielen Evangelikalen helfen, ihren Glauben in wahrer Christlicher Freiheit zur Ehre Gottes zu leben.
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