Samstag, 4. August 2007

Ein anhaltendes Verständnis von Gnade

Ich habe im Laufe der Zeit den Eindruck gewonnen, dass sehr viele Christen ein mangelhaftes Verständnis der Gnade Gottes ihnen gegenüber haben.
Die Gründe dafür mögen vielfältig sein. Hauptsächlich dürfte es aber an dem arminianischen Klima liegen, das uns umgibt. Hier wird die Gnade Gottes zwar betont, wenn es darum geht, das Heil zu erlangen, das heisst, es wird betont, dass man ohne zusätzliche Leistungen, nur durch den Glauben an Christus, in den Stand des Heils kommen kann.

Danach wird aber - oft nicht ausdrücklich, aber implizit - vermittelt, dass das Bleiben in diesem Stand des Heils in der Hand des Gläubigen liegt. Seine geistlichen Bemühungen, sein "Dranbleiben" in seiner "Stillen Zeit", sein Bibellesen, seine Gebete, sein frommes Leben, all das hält ihn bei Jesus.
Ich sage nicht, dass diese genannten Dinge ohne Folgen vernachlässigt werden können. Im Gegenteil. Aber es sind nicht unsere geistlichen Bemühungen, die uns im Stand des Heils halten.

Wer so glaubt und lehrt, bewirkt, dass er und andere Gläubige anfangen, sich etwas auf ihre Geistlichkeit einzubilden, sofern sie "erfolgreich" sind, respektive an Gott und am Glauben zu verzweifeln, wenn sie hier und da von ihrem Fleisch überwunden werden.

Das mit dem "Verzweifeln" ist vielleicht mit grösseren emotionalen Spannungen und Krisen verbunden, ist aber meines Erachtens weniger gefährlich in den Folgen. Der Verzweifelnde wird eher dazu getrieben, zu Christus zu fliehen und Entlastung zu suchen, vielleicht auf diesem Weg sogar Abstand zu seinen falschen Vorstellungen gewinnen.
Weitaus gefährlicher ist es im Fall desjenigen, der sich etwas auf seine geistlichen Bemühungen einbildet und sich für fähig hält, sich dadurch selbst im Heil zu bewahren.

Er ist in Gefahr, schnell gesetzlich zu werden, hochmütig auf andere zu schauen und die Gnade Gottes gering zu achten und sie zu vergessen.
Er wird immer wieder bemüht sein, seinen Beitrag zum Wohl der Gemeinde so zu betonen und hervorzuheben, dass er auch ganz sicher bemerkt wird. Er wird mit der Zeit immer mehr das Gefühl haben, dass er ein guter Christ ist und dass die andern froh sein können, dass sie ihn haben.
Und er wird gleichzeitig sehr unzufrieden sein, wenn er nicht die Aufmerksamkeit und die Vorzüge erhält, die er sich durch seine Geistlichkeit ja verdient.
Welch ein erbärmlicher Zustand!

Mir scheint es, dass wir sehr viele solche Christen haben in unserer Zeit.
Wir können dem entgegenwirken, indem wir immer wieder die Lehren der Gnade hochhalten; in Gesprächen, in der Verkündigung.
Wir dürfen den Widerstand nicht scheuen, den wir erfahren werden, wenn wir die falsche Theologie jener Leute hinterfragen, die meinen, dass Gott eine solche Hochachtung vor dem "freien Willen" der Sünder hat, dass Er diejenigen zum Heil erwählt, von denen Er lediglich voraussieht, dass sie so gut sein werden, sich zu bekehren.

Die Lehre von der totalen Verdorbenheit des natürlichen Menschen und der bedingungslosen Erwählung derjenigen, die Gott für das Heil vorgesehen hat, ist hervorragend geeignet zur Demütigung von uns arroganten Geschöpfen.
Wer aus der perspektive dieser biblischen Lehren sich im Licht Gottes erkennt, wird auch sehen, dass er niemals in der Lage sein kann, sich auch nur eine Stunde im Stand des Heils zu bewahren. Es ist Gottes Wirken, das dies vollbringt.

Gott selbst hat das den Seinen durch seinen Bund der Gnade versprochen. Diese erhabene Wahrheit wird uns, wenn wir sie wahrhaftig erkennen, jubeln lassen über jeden Funken der unfassbaren Gnade unseres Gottes.
Wir werden auch noch nach Jahrzehnten des Christseins solche Aussagen machen, wie ich sie kürzlich bei Spurgeon gelesen habe:

Verlass dich drauf; wenn du deine Sünde vergeben erhalten hast und so von dem ewigen Zorn Gottes gerettet wurdest, wirst du keinen Handel mehr mit Gott machen wollen, ob du Fleisch zu essen und gute Kleider zum anziehen hast oder ob du hungrig oder nackt bist.
Nein, Herr, ich will schlottern in Lumpen eines Bettlers in voller Zufriedenheit, wenn ich nur begnadigt bin. Ich will im Gefängnis liegen mit einer trockenen Brotrinde als Nahrung, wenn ich nur vor deinem Zorn gerettet sein darf.

Können wir so etwas über uns selbst sagen? Auch nach vielen Jahren als Christen?
Wenn nein, dann sollten wir uns vielleicht noch einmal neu Gedanken über die biblische Botschaft über die Sünde von uns Menschen und die Gnade Gottes machen - unser Verständnis davon überprüfen.

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