Donnerstag, 27. Dezember 2007

Ist die Form doch wichtig?

Wir Christen betonen oft, dass an unserem Glauben nicht das Äussere wichtig ist, sondern die innere Haltung. Dem möchte ich zumindest zum Teil widersprechen.
Mit dem, was wir äusserlich in Erscheinung bringen, zeigen wir doch, wie unsere innere Haltung ist. Zum Beispiel widerspiegelt die Kleidung entweder den Charakter des Menschen, der sie trägt, oder sie zeigt zumindest, wie dieser Mensch gesehen werden will.

Ich will aber auf etwas anderes hinaus. Es geht mir um den Gottesdienst. Nicht um den alltäglichen, sondern um die Veranstaltung, die wir Gottesdienst nennen.
Mir ist kürzlich am praktischen Beispiel neu klar geworden, dass die Form des Gottesdienstes eben nicht egal ist.

Ich besuchte einen Weihnachtsgottesdienst in einer anderen Gemeinde, weil wir (nicht unter Berufung auf das regulative Prinzip!) am 25. Dezember keinen Gottesdienst hielten.
Ich wurde gehörig enttäuscht.
(Es geht mir jetzt nicht darum, diese betreffende Gemeinde zu verurteilen. Es geht mir um die Sache in dieser einen Veranstaltung.)

Ich hatte irgendwie den Eindruck, dass man nicht wie jedes Jahr einfach das Thema Weihnachten wiederholen wollte, sondern etwas interessantes, spannendes bringen und dabei gleichzeitig die Bedeutung von Weihnachten erklären wollte.
Diesen Eindruck habe ich oft in evangelikalen Veranstaltungen, dass man von menschlicher Seite her etwas interessanter und attraktiver machen will, weil man noch nicht verstanden hat, wie attraktiv das Evangelium ist, das nicht in menschlichen Firlefanz eingekleidet ist.

Also, damit sich die Anwesenden nicht einfach nur eine Predigt anhören müssen, hat man sich die Idee ausgedacht, dass der Prediger den Apostel Paulus spielt, der in einer Art Fernsehshow interviewt wird.
Das Ganze lief ohne grosse Aufmachung ab. Der Interviewer und "Paulus" sassen sich gegenüber und sprachen miteinander über die Bedeutung von Weihnachten.
Dabei hat der Prediger eigentlich Gal 4,4 ausgelegt. Er tat das einfach nicht als der Prediger dieser Gemeinde, sondern als "Apostel Paulus", der in einem Interview Fragen beantwortet.

Die Auslegung des Verses war korrekt. Sie enthielt wertvolle Gedanken. Man merkte, dass der Prediger weiss, wie man exegetisch arbeitet.
Aber ich fragte mich: warum muss er denn dieses Gehabe drum herum machen? Wo die Leute noch klatschen, wenn der Apostel Paulus hereinkommt, um vom Interviewer begrüsst zu werden.
Ich habe mir wirklich Mühe gegeben, die Form möglichst zu ignorieren und den Inhalt zu würdigen (wer mich kennt, weiss, wie schwer mir das in einer solchen Situation fällt), aber es ist dennoch so, dass mir das Drumherum so im Weg gestanden ist, dass ich nichts als ein dummes Gefühl mit nach Hause nahm.

Als wir als Familie auf dem Heimweg diskutierten, merkte ich, dass es nicht nur mir so gegangen ist. Auch meine Kinder sagten: "Das war ja gar keine Predigt!" und "Da wurde ja der Mensch gross gemacht und nicht Gott!" ...und das, obwohl der Prediger sehr wohl Gott gross machte in seinen Worten.
Aber auch meiner Familie ging es so, dass für sie die Form den Inhalt erdrückt hat. Und deshalb ist der Inhalt nicht richtig rübergekommen.

Einmal mehr wurde mir am praktischen Beispiel klar, wie wichtig eben auch die Form im Gottesdienst ist. Gottes Wort und unsere Anbetung brauchen das richtige Gefäss, um 'transportiert' zu werden.
Deshalb halte ich es je länger je mehr für wichtig, dass wir darauf Acht geben, wie wir die Liturgie des Gottesdienstes gestalten. Ich glaube nicht, dass es hilfreich ist und die Leute 'abholt', wenn wir eine möglichst lockere Haltung an den Tag legen, wenn wir einen Gottesdienst leiten.

Im Gegenteil: Wenn wir uns bewusst sind, mit wem wir es zu tun haben (Wir kommen gemeinsam vor Gott - wegen Gott und nicht wegen den Gästen, die gar nicht wirklich in einem Gottesdienst dabei sein wollen, sondern nur dem Einladenden einen Gefallen getan haben), dann werden wir alles dransetzen, dieser Tatsache auch in der äusseren Form Rechnung zu tragen.

Die Form soll den Anwesenden nicht dazu führen, sich entspannt nach hinten zu lehnen und zu geniessen, sondern sich bewusst zu werden, dass er in die Gegenwart Gottes tritt.
Wenn er sich dieser Tatsache bewusst ist, dann wird ihn auch eine mittelmässige Predigt nicht langweilen.
Noch einmal: Die Form ist nicht das Eigentliche am Gottesdienst. Sie ist aber das "Gefährt", das die Anbetung und das Wort Gottes 'transportiert', deshalb ist wichtig, dass sie zu ihrem Inhalt passt!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Danke für den wertvollen Kommentar. Mir ergeht es bei vielen Gottesdiensten ähnlich!!!