Dienstag, 20. Mai 2008

Wie soll der Gottesdienst gestaltet sein?

In meiner Beschäftigung mit dem Thema "Gottesdienstgestaltung" stiess ich unter anderem auf die Website einer Gemeinde, die ihre Gottesdienstform kurz darstellt und begründet.
Ich finde diese Darstellung sehr ausgewogen und gut begründet und möchte sie deshalb hier zitieren:

Gott im Mittelpunkt

In unseren Gottesdiensten soll sich alles um Gott drehen. Im Mittelpunkt steht Gott und nicht unsere Freude, unsere Not, unsere Gefühle, unsere Bedürfnisse oder unser Geschmack. Diese Dinge haben selbstverständlich auch ihren Platz. Doch am Sonntag kommen wir in erster Linie zusammen, um Gott gemeinsam anzubeten, ihn zu feiern, auf ihn zu hören, seinen Charakter und sein Erlösungswerk zu bestaunen. Gott ist der „Hauptdarsteller“, um den sich alles dreht.

Mit Gott im Gespräch

Es ist unerlässlich und zugleich hilfreich, den Gottesdienst als Zwiegespräch zwischen Gott und seinem Volk zu begreifen. Gott ruft uns zusammen und spricht zu uns durch sein Wort in der Schriftlesung, durch Wortbeiträge, durch Zeugnisse, durch die Predigt und nicht zuletzt durch Taufe und Abendmahl in unsere jeweiligen Lebenssituationen hinein. Wir antworten auf sein Reden in unseren Liedern und Gebeten.

Vom Bund geprägt

Gott hat seine Treue und seine Liebe zu uns durch einen Bund bewiesen. Wie der Ehebund ein ewiger Bund ist, so ist auch Gottes Bund ewig. Doch wie sich Mann und Frau innerhalb des an sich intakten Ehebundes voneinander distanzieren können, so steht auch Gottes Bundesvolk in der Gefahr, sich von seinem Gott zu distanzieren. Der Gottesdienst ist deshalb die Zeit der Bundeserneuerung: Gott bekundet erneut seine Herrschaft über und seine Liebe zu uns; wir, sein Volk, geniessen die Zeit mit ihm und lassen die Liebe zu Gott neu entfachen. Diese Bundeserneuerung wirkt sich unter anderem auch in der wöchentlichen Feier des Abendmahls aus.

Evangelisch und reformiert

Der reformierte Heidelberger Katechismus und die vier „Solas“ der Reformation bilden die inhaltliche Richtlinie und die Grundlage unsere Gottesdienste: Wir werden von Gott allein aus Gnade vor seinem göttlichen Gericht frei gesprochen (Sola Gratia) . Allein das Erlösungswerk von Jesus Christus ist die Grundlage unserer Rettung aus der ewigen Verdammnis (Solus Christus). Allein der Glaube an Jesus Christus rettet uns davor (Sola Fide). Diese Wahrheit lernen wir allein im unfehlbaren und irrtumslosen Wort Gottes, der Bibel, kennen (Sola Scriptura). Darum sind unsere Gottesdienste geprägt von der Verkündigung des Gesetzes und der Gnade Gottes in Jesus Christus.

Ehrfürchtig und formell

Gott ist der Heilige Israels, der Herr der Heerscharen, der dreieinige Gott, der allmächtige, souveräne König, der allen Menschen seine erstaunliche Gnade anbietet und diejenigen begnadigt, die sich ihm mit ihrem ganzen Leben zuwenden. Er wirbt mit seiner unbegreiflichen Liebe um uns Sünder, die wir alle seinen gerechten Zorn verdient hätten. Einst wird er wiederkommen, um alle Menschen zum grossen Gericht zu versammeln. Wir glauben, dass eine solche Sicht von Gott am besten durch einen Gottesdienst unterstützt wird, der geprägt ist von Natürlichkeit, Schlichtheit, sichtbarer Freude und Fröhlichkeit, Ernsthaftigkeit, tiefer Dankbarkeit, aufrichtiger Anteilnahme und durchdachter Ordnung.

Gemeinschaftlich und beteiligend

Wir verstehen den Gottesdienst als Anlass, an dem sich die Gemeinde aktiv beteiligt. Im Rahmen unseres Gottesdienstes gibt es Raum für persönliche Wortbeiträge, Zeugnisse, Schriftworte, usw. Die Lieder und die Gebete bringen wir gemeinsam - als Bundesvolk - und mit innerer Beteiligung zum Ausdruck. Aus diesem Grund verwenden wir auch Bekenntnisse und Psalmen, die wir gemeinsam sprechen. Wir freuen uns an der geschwisterlichen Gemeinschaft aller Generationen, drücken diese Einheit durch die wöchentliche Abendmahlsfeier aus, stärken und ermutigen einander beim gemütlichen Zusammensein nach dem Gottesdienst und geniessen die regelmässigen gemeinsamen Mittagessen.

„Besucherfreundlich“

Dem Apostel Paulus war es nicht unwichtig, welchen Eindruck die Gottesdienste der ersten Christen bei den Heiden hinterliessen (1.Kor 14,23ff). Darum bemühen auch wir uns, verständlich zu reden, nachvollziehbar zu handeln und uns so zu benehmen, dass wir Nichtchristen nicht vor den Kopf stossen. Doch nach unserem biblischen Verständnis ist der Gottesdienst eine von Gott einberufene Versammlung seines Bundesvolkes. Die Frage, „für wen ist der Gottesdienst?“ beantworten wir darum so: „Für Gottes Volk“. Dieses Verständnis prägt die Inhalte und in gewisser Weise auch die Form unserer Gottesdienste. Weil Gott gegenwärtig ist, sein Charakter im Zentrum steht, er in unser Leben redet und auch sein Bundesvolk jede Woche das Evangelium nötig hat, ermutigen wir einander, Nichtchristen in unsere Gottesdienste einzuladen. Regelmässige evangelistische Predigten gehören deshalb zu unserem Sonntagsgottesdienst.

„Modern“ und „altmodisch“

Wir sind immer Kinder unserer Zeit. Weil sich unsere Gottesdienste aber um Gott drehen, sind wir nicht peinlich darum bemüht, uns möglichst nach dem Geschmack einer bestimmten Zielgruppe zu richten. Wir ermutigen die Jugendlichen nicht weniger als die Erwachsenen, sich in der Gemeinde und im Gottesdienst entsprechend ihrer Gaben einzusetzen. Wir verschliessen uns auch nicht grundsätzlich gegen Neues. Darum sind wir manchmal „modern“ und manchmal „altmodisch“. Unsere erste Frage ist jedoch stets, macht diese Form, dieses Lied, eine wahre und verständliche Aussage über Gott und seine Beziehung zu uns? Darum wird die Kanzel nicht durch einen Bistrotisch ersetzt und darum steht neben dem Klavier auch ein Schlagzeug.

Montag, 12. Mai 2008

Theologiefeindlichkeit

Immer wieder wird mir in Gesprächen gesagt, dass es besser wäre, man würde mehr auf die praktischen Dinge im Leben achten, als dass man sich mit Theologie beschäftigt und die theologischen Fragen so genau nimmt. Die Leute würde in ihrem alltäglichen Leben andere Dinge beschäftigen als theologische Fragen und es sei eher störend für dieses alltägliche Glaubensleben, wenn man systematisch theologisch denkt und arbeitet.

Ich denke, dass Leute, die so argumentieren, in eine Falle des Teufels getreten sind.
Sie sind der List des Teufels auf den Leim gegangen, der das alltägliche Leben der Christen von ihren (nährenden, erhaltenden und schützenden) geistlichen Grundlagen abtrennen will. Wenn er es schafft, den Baum von seinen Wurzeln zu trennen, dann hat er bald sein Ziel erreicht, dass nämlich der Baum vertrocknet und dadurch auch keine oder vorerst nur noch faule Frucht entsteht.

Leute, die so argumentieren, sind geblendet. Sie würden sich im physischen Leben nie nach solchen Gedanken ausrichten wollen. Sie würden ihr Brot nie von einem Bäcker kaufen, der sagt: "Es kommt nich so drauf an, ob ich etwas Sand in den Teig mische, oder ob der Teig Cyanid-Spuren enthält. Hauptsache, die Leute haben Brot auf dem Tisch, das ihnen einigermassen schmeckt."
Sie würden nie bei einem Metzger Fleisch kaufen, der seine Würste oder Hackfleisch produziert, indem er das Fleisch mitsamt Knochen zerkleinert. Oder der in seiner Vitrine auch Rattenfleisch anbietet, es aber nicht deklariert, sondern sagt: "Das ist einfach Fleisch, was soll das Getue mit der Genauigkeit!"
Sie würden nie zu einem Arzt oder Chirurgen gehen, der sagt: "Wozu brauche ich eine Ausbildung? Wozu soll ich mich weiterbilden? Wozu soll ich das so genau nehmen? Jeder weiss doch ungefähr, wo die Därme, das Herz und die Leber sind. Und es gibt ja gute Schmerzmittel, die man nehmen kann, wenn irgendwo wehtut. Hauptsache, ich habe es gut mit meinen Patienten und wir lieben einander..."

Die Theologie ist bemüht, die viel wichtigeren Fragen des ewigen Lebens genau zu beantworten.
In diesen Fragen können wir es uns noch viel weniger leisten, ungenau zu sein. Schliesslich geht es darum, wie man als Sünder vor dem heiligen Gott bestehen kann, wie man vor seinem gerechten Zorn gerettet werden kann, wie man gerettet bleiben kann, wie man sein Leben zur Ehre Gottes lebt.
Es gibt natürlich auch kleinere Nebenfragen, über die man sich streiten kann. Aber auch die kleineren Nebenfragen haben eine Beziehung zu den Hauptfragen.

Wie kann jemand sagen: "Es ist doch besser, wenn man das nicht zu wichtig nimmt," wenn er gleichzeitig die Fragen des irdischen Lebens sehr wohl wichtig nimmt und das auch von anderen fordert (zum Beispiel wenn sein Arbeitgeber oder sein Kunde gewisse vertraglich festgelegte finanzielle Verpflichtungen nicht so tierisch ernst nimmt...)?

Donnerstag, 8. Mai 2008

Last Man Standing

An der T4G Konferenz versuchte Mark Dever zwischen den Referaten immer wieder, verschiedene Leute etwas aus der Masse herauszuholen.
Z.B. fragte er, wer wie weit angereist sei, oder zu welcher Altersgruppe man gehöre, usw.
Einmal wurde ich dabei durch eine einfach Tatsache gewaltig beeindruckt. M. Dever liess alle aufstehen und bat dann, dass die stehenbleiben, die mehr als 5, 10, 20 Jahre im Dienst als Pastoren sind.
Er fragte weiter, bis er zu denen kam, die 50 und mehr Jahre im Dienst sind. Da blieb ein Mann (von 5'500) stehen. Ein einfacher, unscheinbarer Mann, der in einer 'Primitive Baptist Church' dient.
Ich sehe das Bild von diesem Mann noch vor mir. Und ich muss immer wieder über ihn nachdenken. Über 50 Jahre! Und beinahe die ganze Zeit in der selben Gemeinde. Er hat seinen Dienst irgendwann um 1956 oder 1957 begonnen. Was hat dieser Mann erlebt! Was hat er eingesteckt! Pastoren, die länger im Dienst sind, können sich ein Bild davon machen.
Was könnte man von ihm alles lernen?
Demut. Die Gelassenheit, nicht jedem Trend hinterher springen zu müssen. Die Erfahrung, dass Gott in den krassesten Situationen einen Weg hat. Und sicher die Kunst, 'dranzubleiben', auch wenn alles drunter und drüber geht.
Am liebsten würde ich ihn einmal mehrere Stunden interviewen und ihn fragen: "Wie machst du dies, wie machst du das, wie gehst du mit einer solchen Situation um... usw."
Man hätte vielleicht gern so jemanden ständig in seiner Nähe. Nur - würde mich das nicht von dem ablenken, der diesen Mann dahin gebracht hat, wo er heute ist?
Genau! Ich habe den selben Gott wie dieser Held meiner Gedanken.
Er kann alles in meinem Leben tun, was Er im Leben dieses und anderer Männer tat.
Durch die Treue und die Kraft unseres Gottes können wir alle 'Last Men Standing' sein.

Deshalb laßt nun auch uns, da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben, jede Bürde und die uns so leicht umstrickende Sünde ablegen und mit Ausdauer laufen den vor uns liegenden Wettlauf, indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen die Schande nicht achtete und das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes. Denn betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermüdet und in euren Seelen ermattet! (Heb 12,1-3)