Samstag, 16. Juni 2007

Ein Atheist im Gottesdienst

Matt Slick ist ein cleverer Bursche. Er unterhält ein apologetisches Radio-Programm. Die Sendungen beinhalten Gespräche und Debatten mit Atheisten, Mormonen, Zeugen Jehovas, aber auch Diskussionen und Frage-Runden mit Christen.
In einem Interview befragte er den Atheisten Hemant Mehta, der durch sein Buch "I sold my soul on e-bay" bekannt wurde, über seine Eindrücke, die er über Christen und Gemeinden gesammelt hat.

Hemant Mehta ist auch ein cleverer Bursche. Nicht so clever wie Matt Slick, sonst wäre er ja auch kein Atheist, sondern ein Calvinist wie Matt.
Er nennt sich "Friendly Atheist" (=freundlicher Gottloser), was meines Erachtens ein Oxymoron ist. Er widerspricht damit seiner eigenen Weltanschauung. Sobald er das erkennt, wird er kein Atheist mehr sein.
Dies weiter auszuführen und zu begründen, betrachte ich aber hier nicht als meine Aufgabe. Dafür gibt es andere Instanzen wie das Verax Institut oder eben Matt Slicks CARM, die ich beide wärmstens empfehle.

Worum es mir jetzt geht, sind einige Eindrücke, die Mehta in dem Interview wiedergibt. Er hat eine Reihe von Gottesdiensten christlicher Gemeinden besucht - kleine, konservativere, liberalere, grössere, Megachurches, usw. - um sich ein Bild zu machen von den Christen (er selbst hat keinerlei christlichen Hintergrund, sondern ist im Jainismus aufgewachsen und hat sich mit 14 Jahren davon gelöst und ein materialistisches Weltbild angenommen).

Einige der Dinge, die ihm aufgefallen sind bei diesen Besuchen, haben mir zu denken gegeben.
Z.B. hat es ihn verwirrt, dass viele der Christen während den Predigten oft so umherschauten oder auf die Uhr guckten oder sich sonst so verhielten, als ob sie gezwungen wären, da zu sein und zuzuhören. Dabei würde es doch in den Predigten darum gehen, weswegen sie hergekommen waren...
Weiter kam es ihm eigenartig vor, dass die Leute, die ja hier mit Gleichgesinnten zusammen seien, sozusagen als Einzelne und Familien in ihrer Gross-Familie, sich so plazierten, als wollten sie überhaupt nicht nahe zusammen sein, sondern eher Abstand voneinander haben.
Ein Weiteres, das er nannte, kann ich nur mit Vorsicht wiedergeben, weil ich dadurch sicher einem gewissen Klischee-Denken Vorschub leiste und ein Stück weit meine eigenen Vorurteile bestätige: Er war auch in Bill Hybels Willow Creek Community Church. Da seien ihm die Predigten so angenehm gewesen, es sei ihm richtig wohl gewesen (als Atheist).

Seine grundsätzliche Kritik an den christlichen Gottesdiensten und Predigten ist, dass die Leute nicht richtig denken würden. Dass sie sich nicht qualifiziert mit ihrem Glauben und den Gegenpositionen auseinandersetzen würden.
Es ginge in den Gottesdiensten und Predigten immer nur darum, dass es behaglich sei, dass es den Leuten wohl ist oder dass sie herausfänden, wie sie dieses oder jenes Problem lösen könnten.

Der Mann sagt, er hätte erwartet, dass mal jemand gegen seinen Atheismus predigen würde, dass ihm jemand sagen würde, warum seine Sicht falsch sei.
Das betrifft offenbar auch die Kommentare von Christen auf seiner Website oder per e-mail. Er bekomme gesagt: "Jesus liebt dich" oder "wir beten für dich". Aber niemand würde sich wirklich mit seiner Weltanschauung auseinandersetzen.

Das alles gibt mir ziemlich zu denken.
Da sitzt ein Atheist im Gottesdienst und es kommt ihm vor, als würden sich die Christen dort langweilen. Und als würden sie sich nicht besonders lieben. Und als würden sie nur um ihre Wellness besorgt sein.
UND: Er wird nicht durch das Evangelium herausgefordert! Obwohl der Mann ja eigentlich darauf wartet!

Das wirft Fragen auf, denen wir uns stellen müssen - auch wenn wir nicht auf Atheisten hören und nicht sie fragen sollen, wie wir unser Christenleben gestalten sollen.
Dennoch bleiben die folgenden Fragen stehen und sollten uns herausfordern:

- Haben wir selbst noch Hunger nach Gottes Wort?
- Warum besuchen wir sonst den Gottesdienst?
- Haben wir ein Klima der Liebe in unserer Gemeinde?
- Ist Christus das Zentrum unseres Gottesdienstes und ist das erkennbar?
- Können wir unseren Glauben einem Aussenstehenden verstehbar bezeugen?
- Sind wir in der Lage, unseren Glauben gegen falsche Weltanschauungen zu verteidigen? Oder verstecken wir uns nur in unserer "christlichen" Tradition?

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