Freitag, 19. Januar 2007

Brauchen wir eine Theologie von Gestern?

Manchmal, wenn ich mit Leuten spreche und betone, dass ich denke, wir sollten in der Theologie zurückschauen auf die Reformatoren und uns ihre theologischen, hermeneutischen und exegetischen Grundsätze wieder zu eigen machen, werde ich entweder miss- oder nicht verstanden.

"Wir müssen doch nach vorne sehen. Wir können doch nicht in der Vergangenheit leben. Wir können doch nicht die Zustände zurück haben wollen, die am Ende des Mittelalters herrschten. Wir können doch nicht wollen, dass Andersgläubige gehenkt, ersäuft oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden."

Natürlich, das denke ich auch. Sicher will ich nicht die rauen Zustände aus dieser Zeit zurückhaben. Einmal abgesehen davon, dass diese rauen Sitten auch eine Ernsthaftigkeit in religiösen Fragen und eine grundsätzliche Ehrfurcht vor dem Göttlichen und dem Ringen um die Wahrheit widerspiegeln - was uns heute weitgehend fehlt.

Wovon ich aber denke, dass wir es unbedingt zurück haben wollen müssten, ist eben das Verständnis der Reformatoren von theologischer Arbeit.
Die Reformatoren haben die ganze christliche Theologie und Spiritualität erneuert, indem sie in allen Bereichen der Lehre und des Lebens neu fragten (fragen mussten!): "Was sagt die Heilige Schrift dazu?"

Indem sie so fragten, halfen sie nicht nur, das christliche Denken vom Unrat der römischen Häresie zu befreien, sondern es wieder neu (vielleicht sogar wie noch nie) auf Biblischen Boden zu stellen.
In den vergangenen Jahrzehnten bis Jahrhunderten wurde jedoch wieder soviel Unbiblisches in diesen klaren Fluss hineingeschwemmt, dass wir heute wieder soweit sind wie vor der Reformation. Ich meine theologisch. In den äusseren Dingen des Lebens sind wir - zumindest in der westlichen Hemisphäre - sehr zivilisiert. Was uns in traurigem Masse über unseren geistlichen Zustand täuscht.

Also: Wir brauchen tatsächlich eine Theologie von Gestern. Aber wo fangen wir an?
Ich denke, dass es ein guter Start sein kann, wenn wir uns auf die fünf 'sola' besinnen, die die Reformation hervorgebracht hat. Diese fünf Grundsätze machen - so könnte man sagen - den Kern reformatorischer Theologie aus.

In den folgenden Artikeln werde ich mich deshalb mit den 5 'sola' befassen. Ich will versuchen zu zeigen, was sie in der heutigen Landschaft verändern könnten, wenn sie wieder geglaubt und ernstgenommen würden.

Zuerst eine kurze Beschreibung dieser Grundsätze. Die fünf 'sola' sind:

Sola Scriptura, d.h. allein die Schrift. es geht darum, dass allein die Heilige Schrift, Altes und Neues Testament, Grundlage für die Erkenntnis Gottes, seines Heilsplans und seines Willens ist.

Solus Christus bedeutet allein Christus. Gemeint ist, dass Christus allein von der Sünde und der gerechten Strafe Gottes rettet, dass kein menschliches Zutun weder etwas hilft, noch von Gott gefordert, resp. erlaubt ist.

Sola Fide heisst allein der Glaube. Es gibt keinen anderen Weg, am Heil in Christus Anteil zu haben als durch das Vertrauen auf das Erlösungswerk Christi und damit auf das, was Gott tut. Auf hier ist menschliches Mitwirken weder gefordert noch erlaubt.

Sola Gratia, allein die Gnade meint, dass der Mensch einzig durch das Hoffen auf und Annehmen der Göttlichen Gnade das Heil erfahren kann. Hier wieder: kein Synergismus, kein Zusammenwirken von Gott und Mensch in der Rechtfertigung des Sünders.

Last but not least: Soli Deo Gloria; allein Gott die Ehre.
Gott allein ist der Urheber und Vollender und seine Ehre das Ziel seines Heilsplanes. Weil der Mensch nichts dazu tun kann, hat er auch keinen Anspruch auf Ehre (nach der der Sünder jedoch fortwährend strebt und damit Gott bestiehlt).

Fortsetzung folgt...
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