Mittwoch, 10. Januar 2007

Wer spricht denn da?

Kürzlich wurde ich an Bileams Esel erinnert. Weil der Prophet den Durchblick in Bezug auf seinen eigentlichen Auftrag vollkommen verloren hatte, wurde er von einer Seite angesprochen, von der er es nie erwartet hätte, von seinem Esel.

Ähnlich scheint es der Kirche gehen zu müssen, dachte ich, als ich in der Weltwoche (Nr. 49/06) unter der Rubrik "Namen", wo normalerweise irgendwelche Kuriositäten prominenter Persönlichkeiten abgehandelt werden, einen Namen las, den ich dort noch nie sah: Jesus. "Was hat diese Zeitung, die jeweils nicht sehr freundlich mit Christlichen Inhalten umgeht, nun wieder über unseren Herrn zu mokieren?" dachte ich. Ich war höchst erstaunt. Folgendes ist da zu lesen:

Die Aktion "Kick off" der freikirchlich zentrierten Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) hat zum Ziel, dass die Fussball-Europameisterschafts-Spiele 2008 auch in den Kirchen auf Grossleinwand zu sehen sind. 500 Gemeinden im Land will sie motivieren, verschiedene Zeitungen berichteten letzte Woche über das Unterfangen, dem einige reformierte Gemeinden bereits stattgegeben haben. Die Kirche dürfe keine Berührungsängste zu solchen Veranstaltungen haben, da auch Jesus den diesseitigen Freuden positiv gegenübergestanden sei, argumentiert ein SEA-Sprecher: "Er hat die Sünder, Zöllner und Huren besucht und war wohl auch einem Glas Wein nicht abgeneigt." Mag sein. Andererseits geben wir zu bedenken, dass Jesus die Kleinviehverkäufer, Taubenzüchter, Geldwechsler samt ihrem Zubehör aus dem Tempel verjagte, den diese mit ihrem weltlichen Tun entwürdigten: "Traget das von hier weg; machet nicht das Haus meines Vaters zu einem Kaufhause!" (Johannes-Evangelium, 2,16) (tow)

Was die Kirche nicht mehr zu merken scheint, wird ihr nun von einem weltlichen Blatt mitgeteilt. Die Welt scheint den Unterschied zwischen Profanem und Gottesdienst nocht besser zu kennen als die Kirche.

Es ist ja nicht so, dass man sich nicht ein Fussballspiel anschauen dürfte. Und: Sicher hat Jesus mit Sündern und Huren gegessen. Wenn Er die Nähe von Sündern nicht wollte, dann könnte niemand von den unterdessen "Frommen" mit Ihm Gemeinschaft haben. Die Frage ist vielmehr - das hat der Esel Bileams meiner Meinung nach richtig erkannt - ob wir, nur um vielleicht ein paar Aussenstehende in unsere Kirchen hineinzubringen, tatsächlich profane Veranstaltungen anbieten dürfen.

Ich denke, dass die Antwort ganz klar 'Nein' heisst. Und: was machen wir, wenn die Aussenstehenden dann da sind, und entsprechend unserem Vorgehen denken, unsere Botschaft habe irgendwie etwas mit Fussball oder zumindest mit Unterhaltung zu tun? Und wenn sie dann nach mehr verlangen? Wie bringen wir ihnen in wahrhaft christlicher Gesinnung bei, dass die Unterhaltung nur der Köder war, und dass jetzt der Haken des Evangeliums noch kommen muss? Viele der Kirchen, die nach diesem Muster 'evangelisieren', haben konsequenterweise den 'Haken' weggelassen. Oder sie haben ihn zumindest stark verkleinert oder abgerundet, die scharfen Kanten abgeschliffen.

Der kurze Weltwoche-Artikel zeigt mir, dass die Welt eigentlich noch weiss, was unsere Botschaft wäre, oder was sie zumindest nicht ist. Warum sagen wir sie nicht einfach? Warum versuchen wir nicht, die Welt mit dem zu gewinnen, wofür wir sie gewinnen wollen? Wer Unterhaltung zum Köder für die Evangelisation macht, hat meines Erachtens das Evangelium gar nicht verstanden. Er hält den Köder für attraktiver als das Evangelium. Dabei gibt es gar nichts auf der Welt, das für Sünder attraktiver ist als das Evangelium von Gottes rettender Gnade in Jesus Christus.

Keine Kommentare: