Mittwoch, 18. November 2009

Debatte zum Dienst der Frau in der Gemeinde VI

Antwort #3 von Christian Haslebacher


Nochmals kurz zu 1Tim 2,8: Es heisst dort, Paulus wolle, dass die Männer an allen Orten heilige Hände aufhebend (Partizip Präsens) beten. Ich übersetzte dieses Partizip Präsens mit „und dabei“, du übersetzt mit „indem“, die Einheitsübersetzung übersetzt „beim Gebet“. Der Unterschied ist für mich in dieser Frage nicht entscheidend. Der Punkt ist, dass Paulus hier mit seinem „Ich will“ vier Verse vor seinem „Ich gestatte nicht“ keine vollumfänglich allgemeingültige Aussage macht, sondern eine zumindest teilweise kulturbezogene.

Auf die Frage, ob die Unterordnung der Frauen gegenüber den (Ehe-)Männern in der heutigen Zeit nicht auf andere Weise als dem Schweigen zum Ausdruck gebracht werden könne, antwortest du mit zwei Argumenten:

1. Lehre sei keine kulturbezogene Haltung. Das stimmt zwar, was den Inhalt der Lehre betrifft, aber das habe ich auch nie angezweifelt. Meine Message ist: Die Tatsache, dass sich Unterordnung durch Schweigen ausdrückt, ist in unserer heutigen Kultur so nicht gegeben. Deshalb könnte Unterordnung heute auch anders zum Ausdruck gebracht werden. Die Frage, ob Paulus mit Lehrverbot für die Frau eine kulturellbedingte Aussage gemacht hat, ist jedoch eine andere, die es noch zu klären gilt. Tatsache ist einfach, dass die Verse davor von kultur- und situationsbezogenen Anwendungen geistlicher Prinzipien strotzen.

2. Paulus nimmt Bezug auf Adam und Eva. Was Paulus mit der Schöpfungsordnung begründet, kann nicht kulturbedingt sein. Das ist dein eigentliches Argument, das du auch als einziges in der Zusammenfassung wieder aufnimmst. Um nochmals auf dein Eröffungs-Statement und meine Antwort darauf zurück zu kommen, begründest du die Richtigkeit des ersten Arguments (der direkte Zusammenhang des Abschnittes (1Tim 2,8-11) mit deinem zweiten Argument.

Ich schlage deshalb vor, dass wir unsere Debatte über dein erstes Argument des Eröffnungs-Statements verlassen. Ich würde, bevor wir auf das zweite Argument eingehen, jedoch gerne zuerst über das dritte diskutieren. Ich halte das zweite Argument für das Entscheidende und würde daher gerne zuerst das dritte anschauen, um für das zweite gut vorbereitet zu sein.

Dein drittes Argument lautete u.a., dass Paulus in 1Tim 3 die Bedingungen für den Ältesten-Dienst nenne, wobei der Begriff 'episkopos' (sowie die synonymen Begriffe 'presbyteros' und 'poimen') ein ausschliesslich männliches Nomen sei. Dann werde deutlich gesagt, der 'episkopos' müsse Mann einer Frau sein. Eine Frau kann nicht Mann einer Frau sein.

Ich stimme dir in diesen Aussagen zu. So, wie Ehemänner und Väter die Leiterschaft in ihren Familien wahrnehmen sollen, so sollen gemäss 1Tim 3,1-7 weise, reife Männer als „Bischöfe“ beziehungsweise „Älteste“ die Leiterschaft in der Gemeinde wahrnehmen. Die Gemeinde braucht Leiter, die ihre Fähigkeiten bereits im Kontext der Familie gezeigt haben (1Tim 3,2.4). Ein Ältester muss demnach der Ehemann einer Frau sein, seinem eigenen Haus gut vorstehen und gehorsame (1Tim 3,2.4) und gläubige (Tit 1,6) Kinder haben. Offenbar braucht das Leiten der Gemeinde ähnliche Weisheit und Fähigkeiten wie das Leiten einer Familie (1Tim 3,5). Die Frage ist jedoch, ob diese Übertragung von der Familie auf die Gemeinde, welche Paulus in 1Tim vollzieht, für alle Gemeinden zu allen Zeiten gültig ist. Ist dies tatsächlich der Fall und nicht nur für Gemeinden, die zum Beispiel wie die Gemeinde in Ephesus in einer Krise sind, schliesst 1Tim 3,1-7 (und Titus 1,6) nicht nur Frauen vom Ältestenamt aus, sondern auch Männer, die keine Lehrbegabung haben, die nicht verheiratet sind, deren Kinder nicht gläubig sind oder die überhaupt keine Kinder haben. Oder wie kann jemand beweisen, dass er seinem Haus gut vorstehen kann, wenn er gar kein Haus hat, dem er vorstehen könnte? Die Frage wäre dann aber auch, wie weit Paulus und Timotheus selbst diesen Ansprüchen genügten? Waren sie verheiratet (1Kor 7,1.7-8.25-27.32-34)? Hatten sie Kinder? Standen sie ihren Häusern gut vor? Hatten sie überhaupt Häuser, denen sie vorstehen konnten? – Es ist auf jeden Fall nicht statthaft, einzelne Aussagen aus dem Anforderungskatalog an Älteste in 1Tim 3,2-7 in reiner Willkür stärker zu gewichten als andere. Wenn man 1Tim 3,2-7 benutzen will um zu beweisen, dass nur Männer das Ältestenamt wahrnehmen dürfen und dass deshalb die Leiterschaft in der Gemeinde grundsätzlich den Männern vorbehalten ist, dann müssen auch alle anderen Anforderungen an diese Männer Gültigkeit haben.

Paulus sagt tatsächlich, ein Ältester müsse „Mann einer einzigen Frau“ sein (1Tim 3,2), er schliesst hier jedoch nicht ausdrücklich aus, dass es nicht auch eine Frau eines einzigen Mannes sein könnte. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass Paulus in 1Tim 3,8-11 bei den Voraussetzungen für Diakone schreibt, sie müssten wie die Ältesten Mann einer einzigen Frau sein (1Tim 3,2.12) und ihrem Haus gut vorstehen (1Tim 3,4.12). Paulus scheint bei den Diakonen wie bei den Ältesten also nur Männer im Blick zu haben. „Frau“ in 1Tim 3,11 könnte sich zwar anstatt auf die Ehefraunen der Diakone theoretisch auch auf weibliche Diakone beziehen, der Kontext von Vers 12 scheint aber zu zeigen, dass Paulus hier klar von Männern als Diakonen ausgeht. Der Punkt ist jedoch der, dass Paulus in Röm 16,1 Phöbe „Diakon (männlich!) der Gemeinde“ nennt und es somit mindestens einen weibliche Diakon gab. Obwohl Paulus in 1Tim 3 nur von männlichen Diakonen spricht, schloss das Frauen also nicht von diesem Amt aus. Aus diesem Grund ist es unzulässig zu argumentieren, Frauen seien vom Ältestenamt ausgeschlossen, weil Paulus in 1Tim 3 nur von männlichen Ältesten spricht.

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1 Kommentar:

wow gold hat gesagt…

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